"Machst du das, weil du es liebst oder Geld dafür bekommst?"

Ihr Lieben!

Nach dieser ziemlich kessen Frage eines 9-jährigen Mädchens aus meiner Kinderschreibgruppe, musste ich einen Moment innehalten, weil ich bei Kindern das besondere Bedürfnis habe, ehrlich zu sein. "Weil ich es liebe", sprudelt es aus mir heraus und ich grinse dabei. Wenn ich schlagfertig gewesen wäre, hätte ich korrekterweise antworten müssen: "Ich mache das, weil ich es liebe UND Geld dafür bekomme."

Dass das Mädchen damit gerade etwas anspricht, was mich innerlich umtreibt, ahnt sie nicht. Sollte ich überhaupt irgendetwas tun, was ich nicht liebe? Reden wir  nicht gerne von dem Brotjob, damit wir Sicherheit und Geld haben, um das, was wir wirklich gerne machen, nebenbei ausüben zu können?  Wenn dieser Brotjob nicht immer dermaßen viel Zeit in Anspruch nehmen würde und damit sehr viel schöpferische Energie fressen würde. Klar, ich höre Stimmen (lasst es die vom Über-Ich sein, egal): Du hast ja Probleme, was soll denn derjenige sagen, der eine Familie ernähren muss? Darauf würde ich jetzt mal antworten, dass er seine Familie liebt und deswegen weiß, warum er arbeiten geht.

Mich selbst frage ich ernsthaft: Darf ich mir das Privileg erlauben, nur das zu tun, was ich liebe? Darf ich absagen, wenn mir ein Job angeboten wird, bei dem ich ein komisches Gefühl habe? Darf ich mir bei jedem angebotenen Auftrag die provokante Frage stellen: "Würde ich zusagen, wenn ich wüsste, dass ich nächstes Jahr sterbe?" (Übrigens von vielen Trainern empfohlen). Darf ich wirklich (freu....) nur Schreiben, Lesen und Seminare übers Schreiben halten? Darf ich mich ganz konzentrieren auf das, was ich mit Kribbeln im Bauch freiwillig seit Jahren verfolge, von dem meine Bücherregale überquellen?

Wen um alles in der Welt frage ich hier eigentlich? Mich? Nein, ich frage die Menschen da draußen, die mich dafür bewerten könnten. Negativ bewerten, abwerten, ausschließen, hinter dem Rücken flüstern bis hin zu offen meiden. Wofür? Weil ich tagsüber auf dem Balkon sitze und lese, Aufträge absage, die fettes Geld bringen, nicht in das allgemeine Gejammer einsteige, das einige Menschen zusammenhält? Nein. Dazu bin ich zu alt (bin ich das?).

Wichtig ist, dass ich selber nicht diese Anderen bin, dass ich sie nicht vorschiebe, um meinen eigenen Schattenanteil loszuwerden. Ich selbst bin es, die sich manchmal faul vorkommt, wenn sie den ganzen Tag nur das macht, was sie über alles liebt: lesen, schreiben und schreiben lehren. Ich erinnere mich jetzt an meinen letzten biografischen Kurs, wo ich so herzlich lachen musste, denn eine Teilnehmerin hatte über das Faulsein geschrieben: Faul, faul, faul... Wir haben Tränen gelacht.

Es kann nicht falsch sein, nur noch das zu tun, was ich liebe. Es ist ein Privileg, das stimmt. Und es kostet mich was, vor allem Mut. Doch wie bei so vielem in meinem Leben ist die Angst vor Unsicherheit, Ablehnung, Verbindlichkeit gut auf dem Papier aufgehoben. Sobald ich den Stift hinlege, tritt diese Pause ein, betrete ich den Zwischenraum (in QE das EU-Gefühl), lasse ich los für Sekunden und grinse wieder vor mich hin: "weil ich es liebe". 

In diesem Sinne, Eure Beatrix

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