Ihr Lieben!
Am Samstag hatte ich mein Schreibseminar. Bei herrlichem Sonnenschein haben wir uns unter den Magnolienbaum gesetzt und geschrieben. Wir hatten ein Thema herauskristallisiert, das euch vielleicht auch interessieren könnte. Es begann damit, dass eine Teilnehmerin uns ein Bild auf dem Handy zeigte, das sie vor längerem gemalt hatte. Dieses Bild vereinte Kunst und Schrift, was ich gerade sehr spannend finde. Ich hatte vor kurzem etwas Ähnliches gesehen, in dem ein Gedicht mit Stempeln in ein Bild eingefügt worden war. Ich war davon schon sehr begeistert. Doch dieses Bild war noch mehr, es bewirkte bei mir eine sofortige Assoziation mit meiner Kindheit, es erinnerte mich an meine ersten Tagebücher, Radiergummis und Lineale von Sarah Key und Miss Petticoat! Zudem weckte es mein Frausein auf so eine schöne liebevolle Art (es war eine Frau dargestellt, die sich die Haare hinten zusammensteckte, eine Geste die Milliarden Frauen jeden Morgen machen). In Wellen waren Worte um die Frau herum aufgemalt. Ich war fasziniert und zeigte es offen.
Das ist doch nichts...
Natürlich sagte ich: Das musst du ausstellen! Sie wurde mit jedem Satz von mir und den anderen Frauen kleiner und wehrte ab. „Nein, meine Kinder sagen das auch immer, aber ich kann das doch gar nicht richtig (oder so ähnlich). Mein ganzer Dachboden steht voller Bilder von mir, aber ….“ Ich glaube, ihr kennt das, oder? Schon oft habe ich dieses „Aber“ gehört im Zusammenhang von Büchern, Gedichten, Bildern oder Tonarbeiten. Während ich das hier schreibe, ärgere ich mich, ich ärgere mich darüber, dass wir Frauen weder uns selbst zeigen noch unsere Kunstwerke. Wie kann das sein? Ok, wir haben in der Kindheit mit Sicherheit nicht die Anerkennung von den Papas bekommen, wie die Männer von ihren Mamas. Das sitzt tief und fest, dieses „Ich bin nichts wert“. Doch wer, wenn nicht wir selbst, soll für unsere Kunst und unseren Wert einstehen?
Hier ist nun (in Absprache mit ihr..sagt sie doch glatt: Ich wusste gar nicht, dass ich so einen Eindruck auf dich gemacht habe...) mein öffentlicher Brief an diese Teilnehmerin (anonym) und an die vielen anderen Frauen, die sich nicht trauen, ihre Kunstwerke öffentlich zu zeigen und (jawohl!!!) sie in der Folge zum Verkauf anzubieten (ja, es gibt Menschen, die zahlen dafür, weil es ihnen etwas wert ist):
„Liebe ….!
Mich hat dein Bild beeindruckt und wirklich glücklich gemacht. Doch deine Reaktion auf meine Begeisterung, die hat mich im Nachhinein traurig gemacht. Du selbst, du Künstlerin, die diese Talente geschenkt bekommen hat, lässt diese Schätze auf dem Dachboden verstauben? Weißt du denn gar nicht, wie wertvoll diese Bilder für andere Frauen sein können? Wenn du deinen eigenen Wert als Frau, als Mensch, als Mutter, als Freundin nicht fühlen kannst, so bist du sicher nicht allein. Ich selbst kenne das zu Genüge. Doch es gab bei mir einen Punkt, da habe ich diese Ängste, mich öffentlich zu zeigen, hinter etwas anderes gestellt, was für mich immer wichtiger wurde, weil es Sinn machte.
Und das war, als ich meine Verantwortung gegenüber all den tollen künstlerischen Frauen da draußen, die sich nicht trauten, anzufangen, loszulegen, aufzubrechen und durchzustarten, annahm. So bin ich selbst über meinen Schatten gesprungen, habe mich 2016 vor Weihnachten in mein Auto gesetzt und bin über die deutsche, französische und spanische Grenze gefahren und habe laut gejubelt. Dort habe ich mich drei Monate schreibend von einem Café ins nächste gesetzt und wie eine Besessene alles aufgeschrieben, was in mir über die Liebe zum Schreiben schlummerte. Daraus entstand mein Buch Die Seelenfeder. Ich kann dir gar nicht sagen, wie mich die Emails, Briefe, Karten und Posts freuen von Frauen, die mir danken, weil sie auch schreiben und in mir jemanden gefunden haben, der genauso denkt wie sie. Sie fühlen sich bestätigt, sind nicht allein mit ihren Sehnsüchten, sie fühlen sich ermutigt, sie erkennen: Ich darf das auch!
Liebe …., auch du könntest mit deinen Bildern so viele Frauen glücklich machen. Sie könnten durch dich ihren eigenen Wert erfahren, indem sie deine Bilder betrachten.
Wir Frauen, die wir endlich unsere Kreativität leben dürfen, haben eine Verpflichtung den Frauen gegenüber, die noch gar nichts von den in ihnen schlummernden Talenten wissen. Wer, wenn nicht wir, sollen sie in ihrer Wertigkeit bestätigen, ermutigen, aufrütteln und liebevoll unterstützen bei den vielen kleinen Schritten auf dem Weg des Künstlers?
Wer, wenn nicht wir, du und ich und die Frauen, die sich jetzt angesprochen fühlen, wer, wenn nicht wir, sollen alle anderen Frauen ermuntern, den Wert, den sie vielleicht nicht für sich fühlen, in der Kunst auszudrücken?
Ich freue mich auf deine Ausstellung, auch mit anderen Frauen. Ich helfe dir beim Tragen vom Dachboden runter ins Erdgeschoss und dann raus in die Sonne und hinein ins Berghaus und dort werden wir beide stehen und in die Augen der anderen Frauen blicken, während sie sich von dem Teil in dir berühren lassen, der dieses Kunstwerk geschaffen hat.
Mit wertschätzendem Gruß von Frau zu Frau
Deine Beatrix
In diesem Sinne, legt los, zeigt euch und malt, werkelt, schreibt, lest, bloggt, näht, knüpft, bastelt. Kunst herzustellen braucht im Grunde „nur“ Liebe und Achtsamkeit, damit es gelingt. Schaut auch gerne bei unseren wirklich günstigen Seminaren vorbei hier unter dem Punkt Stammtisch. Dort wird intuitiv gemalt, mit Ton gearbeitet und geschrieben. Das nächste Seminar mit Anja (Ton, Bildhauerei) ist am 14. Juli und da gibt es noch 3 Plätze. Das Seminar mit Elke (Malen) ist nur noch mit Warteliste (durchaus aber möglich, das jemand abspringt) und sonst erst wieder am 6. Oktober. Darüber hinaus hat unser Malerkollege Fredo Interesse mit mir intuitives Schreiben und Malen anzubieten, schreibt uns einfach an. Und unsere Malerin Cecilia bietet bald Kochkurse mit Malen an (an dem ich auf jeden Fall teilnehme, weil ich ihre Geheimnisse der exotischen Kräuterkunde endlich aufdecken will!)... Ihr seht, wir sind eine kreative Gruppe.
Kommentar schreiben
Gertrud (Samstag, 28 April 2018 10:52)
Hallo ihr Lieben !
Schön das ihr (du) uns teilhaben lässt .Auf den Punkt gebracht. Soviel
Potential was ans Licht kommen möchte. Einfach nur schön,am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt. Alles liebe gute Zeit. ����� Gertrud
Uschi (Samstag, 28 April 2018 17:23)
Genau, wir schätzen unseren Wert einfach falsch ein, wir sind zu dünn, zu dick, zu klein, zu groß, zu unsicher, zu...
uns fällt immer etwas ein, um uns runterzustufen.
Liebe, vor allem Eigenliebe ist das Zauberwort! Sich selbst WIRKLICH respektieren, komplett annehmen - ach, was klingt das alles abgedroschen, liest man in jedem zweiten Buch - das ist aber genau der Dreh- und Angelpunkt.
Es ist immer wieder der Grund, warum ich nicht vorankomme, ich denke dann immer, ich find‘ mich doch eigentlich ganz gut, eigentlich liebe ich mich doch...und dann sehe ich genauer hin, und dann höre ich mir selbst zu, meinen Gedanken, was sie über mich sagen.
Es ist erst mal schwer, sich zu lösen von der Konditionierung, (bestimmt gut gemeinten) Erziehung unserer Kindheit, man WEISS ja oft gar nicht, was man ändern kann, es ist einem gar nicht bewußt.
Zitat: „Kann ein Mensch überhaupt auf seine Würde aufpassen, wenn er sich ihrer gar nicht bewußt ist?“
Aber wir können uns echt lieben lernen, so wie wir unsere Kinder lieben, dann werden wir frei, plötzlich frei und können unsere Talente zulassen, wir sehen uns mit Liebe zu, wie wir etwas Geniales kreieren, das uns unendlich viel Spaß macht!
Liebe Unbekannte mit deinen tollen Bildern, die Anerkennung dafür darfst du annehmen und es fühlt sich gut an!
Barbara (Samstag, 28 April 2018 18:04)
Liebe Unbekannte,
Deine Bilder sind ein Teil von dir und deiner Geschichte. Ich finde es schön wenn du sie teilst.
Beatrix (Sonntag, 29 April 2018 08:52)
Danke @Barbara @Gertrud und @Uschi! Ich habe alle Kommentare an die Künstlerin weitergegeben! Ich meine etwas Stolz bei ihr wahrgenommen zu haben;)))
Beatrix (Sonntag, 29 April 2018 10:31)
Ihr Lieben! Denkt bitte daran, dass ein Like für meine Seite (falls es ehrlich gemeint ist), die Wertschätzung meiner Arbeit ist. Und wer andere wertschätzt, lernt sich auch selbst wert zu schätzen;)
Elke Frommhold (Sonntag, 29 April 2018 20:04)
Vier Prozent aller bildenden Künstler können von ihrer Kunst leben, es würde mich interessieren, wie viele Frauen darunter sind.Neulich war ein Artikel in der Zeitung, dass der überwiegende Teil von hoch gehandelter Kunst von Männern stammt und das liegt ganz sicherlich nicht an der Qualität und Vielfalt der weiblichen Kunst. Frauen waren über Jahrhunderte hinweg unterrepräsentiert, meistens war es ihnen ja auch verboten, überhaupt Kunst zu schaffen. Einige wenige Mutige haben sich darüber hinweg gesetzt bei sehr viel Widerstand. Ich halte es nahezu für ein Verbrechen an der Menschheit, dass uns weibliche Kunst vorenthalten wurde. So bleibt uns im Rückblick der männliche Blick auf die Welt, bevor die Fotografie erfunden wurde. Es fehlen uns Jahrhunderte weibliche Sicht. Das finde ich dramatisch.
Den Frauen wurde (kann man sagen systematisch) das Selbstbewusstsein für den eigenen Ausdruck aberzogen, unterbunden, verboten. Diese Wunde und Festlegung sitzt tief.
Komplett widersprüchlich zu diesen Entwicklungen ist die Tatsache, dass der überwiegende Teil meiner eigenen Schüler/innen weiblich ist. Und ich darf aus meiner Erfahrung sagen, dass Frauen hoch kreativ sind.
Aber ich höre so oft diese Sätze, in denen sich Künstlerinnen selbst herunterwerten. "Ich will mich doch nicht aufdrängen." "Es ist mir unangenehm, meine Bilder anzupreisen." "Ach was, ich bin doch nicht gut genug."
Es wird Zeit, diese Unwahrheiten zu durchbrechen.
Ich liebe die Kunst, die männliche und die weibliche.
Ihr Frauen, schenkt uns euren Blick auf die Welt. Er ist so wichtig und kann verändern.
Uschi (Sonntag, 13 Mai 2018 19:53)
Horizonte...
sie lassen uns weit blicken, wenn wir die Augen öffnen, wenn wir auch bereit sind hinter den Horizont zu schauen, da wo das nicht Greifbare sich befindet, das nicht Beweisbare, das Unglaubliche, scheinbar Unmögliche.
Wenn etwas noch keine Gestalt angenommen hat, glauben wir manchmal, dass es nicht existiert, aber es ist schon da, in einem Gedanken, in einer Idee, es muss nur ausgesprochen, zu Ende gedacht oder zu Papier gebracht werden.
Vielleicht war es auch schon immer da und es wartete nur auf DIE Gelegenheit, auf den einen Augenblick, in dem die Sterne richtig stehen, das er zu SEINEM Augenblick wird, weil jemand es zum Leben erweckt.
Genau das ist Kunst, ist Kreativität, wenn ein Mensch seine Visionen zu Papier oder auf die Leinwand bringt, wenn er malt, Farben mischt, sie leuchten läßt nicht nur durch die Kraft des Tageslichts, sondern vor allem durch das Leben, das er ihnen einhaucht mit seinen Gefühlen, seinen Ideen, mit seiner Seele.
Kunst ist auch, Horizonte zu erweitern, sprechen nicht Musik, Tanz und Malerei die eine Sprache, die jeder versteht?
Die Menschen haben immer schon gesungen bei harter Arbeit, getanzt in schlimmster Armut und gemalt auf den Straßen und dabei Feste gefeiert!
Kunst macht frei, macht glücklich, macht lebendig.
Wenn wir unsere Kreativität verlieren, verlieren wir uns selbst, vergessen wir, wer wir wirklich sind, wir sind die Farben, die wir malen, die Musik, die wir tanzen, wir sind der Projektor unserer Träume auf die Leinwand des Lebens,
wir sind die Schöpfer unserer Bilder!