Schreiben ist wie Schlendern - mit Muße und ohne Ziel

Ihr Lieben!

Gestern Abend habe ich wie immer in Gerona eine Runde durch die Altstadt gedreht, von einer Brücke zur nächsten. Vor mir her gingen zwei Jungen, im Gespräch vertieft, lachend, sich neckend. Studenten, glaube ich. Erst wollte ich sie ungeduldig überholen, weil sie mich in den schmalen Gassen und auf der Brücke ausbremsten. Doch dann wurde mir klar, wie blöd das ist. Ich muss ja nirgends hin wie in Deutschland.

Also kann ich mich dem Schritt der Spanier anpassen und mal hinterhergehen. Das fiel mir zuerst ganz schön schwer, es war einfach ungewohnt. So konnte ich aber ihr Castellano verstehen, was schön war bei dem ganzen Katalan hier. Ich hab mich dann auf meine Füße konzentriert und daran gedacht, wie wir mal in einem Seminar im Kloster eine Gehmeditation gemacht haben. Also bin ich weiter hinter den beiden her, schlendernd ohne Ziel, Eile und Hetze. Einfach das Gehen an sich genießen. 

Heute morgen nun im Café kam mir plötzlich der Gedanke beim Schreiben, dass Schreiben wie Schlendern ist. Schreiben gelingt am besten, wenn es kein Ziel hat. Es braucht viel Zeit und Muße, um sich kraftvoll zu entwickeln. Wir schreiben Wort für Wort, der Fußgänger geht Schritt für Schritt. Wir halten inne und schauen ab und zu vom Papier auf, der Fußgänger bleibt stehen und schaut sich um. Wir wissen nicht, wohin uns der Stift treibt und auch der Fußgänger lässt sich ziellos durch die Straßen treiben. Beide wollen gar nicht wissen, wohin. Der Sinn liegt einfach im Schreiben und im Gehen. Also auf zum Stift, Schlendern lernen! Eure Beatrix

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